Russisches auf dem Wiener Zentralfriedhof
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Der Wienr Zentralfriedhof ist ein toller Platz. Auf welchem Friedhof dieser Erde darf man sonst:
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Unser Interesse gilt aber heute dem sowjetisch-russischen Sektor. Die Orte von Interesse sind:
Lazaruskirche bzw. Lazaruskapelle Die Kirche bzw. Kapelle – die Quellen im Internet sind sich da nicht ganz einig – gleich links neben dem Tor 2 dient den orthodoxen Russen vor Ort als Friedhofskirche zur Einsegnung der Verstorbenen. Die Geschichte der Lazaruskirche reicht ja bis ins Jahr 1894 zurück, als man hier die russisch-orthodoxe Abteilung eröffnete. Das Geld war damals knapp. So baute man zuerst die Lazaruskirche und erst später dann die Nikolauskirche. Schon 1761 wurde aber die erste „russische Mission“ in Wien errichtet, und ein Jahr war auch schon der erste russisch-orthodoxe Priester als Mittler zwischen den Welten vor Ort. 2006 wurde die Kirche nach sieben Jahren Renovierung wieder eröffnet. Die Renovierung wurde durch private Spenden ermöglicht. Die Einweihung erfolgte dann durch den Metropoliten Kyrill – damals noch nicht Chef aller gläubigen Reußen. Interessant einige seiner Lebensweg-Stationen: Sohn einer Priesterfamilie, Gulag-Gefangener, kolportiertes KGB-Mitglied, Patriarch und Freund Putins, den er einst als „Wunder Gottes“ titulierte. Rund um die Kapelle finden sich russisch-orthodoxe Gräber. Das Gotteshäuschen selbst ist versperrt. |
Weiter geht es zur Gedenkstätte für russische Personen, die vor Ort im Ersten Weltkrieg verstarben.
Gedenkstätte 1. Weltkrieg
In der Gruppe 68A wird der russischen Opfer des 1. Weltkrieges gedacht. In der Mitte der Anlage steht ein einsamer Obelisk… und im Eck rechts hinten ein noch einsamerer Gedenkstein mit der Aufschrift „Zur ewigen Erinnerung / 1914 bis 1917“. Der Obelisk hat an zwei Seiten zweisprachige Texttafeln:
Воинам доблестной русской армии погибшим / в Австрии в 1. Мировую войну / 1914 г. - 1918 г.
Den Kriegern der ruhmreichen russischen Armee, / die in Österreich im 1. Weltkrieg gefallen sind. / 1914 – 1918.
Спите спокойно боевые друзья вас никогда не / забудут солдаты великой советской армии / 1945 г.
Ruhet sanft, Kriegskameraden. Euch werden die / Soldaten der großen Sowjet Armee nie vergessen. / 1945
Literaturtipp: Verena Moritz / Hannes Leidinger: Zwischen Nutzen und Bedrohung. Die russischen Kriegsgefangenen in Österreich (1914–1921).
Linktipp: Staatsarchiv
Gedenkstätte 1. Weltkrieg
In der Gruppe 68A wird der russischen Opfer des 1. Weltkrieges gedacht. In der Mitte der Anlage steht ein einsamer Obelisk… und im Eck rechts hinten ein noch einsamerer Gedenkstein mit der Aufschrift „Zur ewigen Erinnerung / 1914 bis 1917“. Der Obelisk hat an zwei Seiten zweisprachige Texttafeln:
Воинам доблестной русской армии погибшим / в Австрии в 1. Мировую войну / 1914 г. - 1918 г.
Den Kriegern der ruhmreichen russischen Armee, / die in Österreich im 1. Weltkrieg gefallen sind. / 1914 – 1918.
Спите спокойно боевые друзья вас никогда не / забудут солдаты великой советской армии / 1945 г.
Ruhet sanft, Kriegskameraden. Euch werden die / Soldaten der großen Sowjet Armee nie vergessen. / 1945
Literaturtipp: Verena Moritz / Hannes Leidinger: Zwischen Nutzen und Bedrohung. Die russischen Kriegsgefangenen in Österreich (1914–1921).
Linktipp: Staatsarchiv
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Gedenkstätte 2. Weltkrieg: Sowjetischer Heldenfriedhof
Gleich hinter der Lueger-Kirche in der Gruppe 44A befindet sich der Heldenfriedhof der Roten Armee, auf dem 2624 gefallene Soldaten derselben – darunter zwölf Helden der Sowjetunion – beerdigt sind. In der Region Wien fanden weitere 995 Sowjetsoldaten ihre letzte Ruhe. Bei der Schlacht um Wien starben rund 18.000 Soldaten der Roten und rund 19.000 Soldaten der Deutschen Armee. Die Eröffnung der doch recht imposanten Anlage fand am 10. August 1946 statt. Der Eingang ist von zwei Skulpturen soldatischer Prägung flankiert, Herzstück der Anlage ist ein neun Meter hoher Obelisk mit Aufschriften, der auch 2017 noch einen roten Stern trägt. Dahinter sind zwei Ehrenmale, die jeweils fünf Tafeln mit Aufschriften tragen. |
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Der Obelisk
Text 1 Oт Москвы до Берлина / От стен Сталинграда до Вены / Путь Победы / Окрасила кровью героев война / Но в граните и бронзе / Их подвиги будут нетленны / Будут помнить живущие / Светлые их имена / (А. Сурков) Von Moskau bis nach Berlin / nach Wien von Stalingrads Mauern / färbte der Krieg die Pfade / der Sieger mit Heldenblut. / In Erz und Granit aber werden / ihr Taten dauern, / und es bewahrt ihre Namen / die Nachwelt in heiliger Hut. / (A. Surkow) Text 2 Гвардейцы! Вы честно служили Отчизне, / От стен Сталинграда Вы к Вене пришли, / Для счастья народа Вы отдали жизни / Вдали от родимой Советской земли / Слава, Вам - храбрые / Русские воины! / Ваше бессмертие над Вами встаёт. / Доблестно павшие, спите спокойно. Вас никогда не забудет народ / С. Михалков Gardisten! Dem Vaterland allzeit ergeben, / von Stalingrad kämpfend, kamt ihr nach Wien. / Fern von der Heimat gabt ihr das Leben / für das Glück eures Volkes hin. / Ruhm sei euch, russische Krieger, beschieden / und der Unsterblichkeit steigendes Licht! / Glorreich Gefallene, / ruhet in Frieden, / eurer Volk vergisst euch nicht! / (S. Michalkow). |
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Rechtes Ehrenmal
Zentrale Tafel Отныне над Европой будет / развеваться великое знамя свободы / народов и мира между народами / (Сталин) Linke Seite 1. Von nun an wird über Europa / das Banner der Völkerfreiheit / und des Friedens zwischen / den Völkern flattern / (Stalin. Tagesbefehl 19. 5. 45) Anm.: Übersetzung der zentralen Tafel 2. Вы прославили / Советскую Родину / и Родина будет / славить Вас века (ohne deutsche Übersetzung – Bedeutung: Ihr brachtet Ruhm dem Sowjetischen Vaterland / und das Vaterland / wird euch ewig rühmen) Rechte Seite 1. Вечная слава героям / павшим в боях за / свободу и независимость / нашей Родины / (Сталин) 2. Ewiger Ruhm den Helden der Roten Armee, / die im Kampfe mit den Deutsch-Faschisten / Okkupanten für die Freiheit und Unabhängigkeit / der Völker Europas gefallen sind. / (Stalin) |
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Erklärung zur Aufschrift "1941 - 1945" im Foto oben: Im Gegensatz zur restlichen Welt begann der 2. Weltkrieg für die sowjetrussische Geschichtsschreibung erst mit dem Angriff der deutschen Truppen auf die UdSSR.
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Linkes Ehrenmal
Zentrale Tafel Вечная слава героям Красной Армии павшим / в боях с немецко-фашистскими захватчи - / ками за свободу и независимость / народов Европы / (Стали) (ohne deutsche Übersetzung – Bedeutung: Ewiger Ruhm den Helden der Roten Armee, die gefallen sind im Kampf gegen die deutsch-faschistischen Landräuber – für die Freiheit und Unabhängigkeit der Völker Europas. (Stalin) Linke Tafel 1. Мы армию нашу растили в сраженьях, / Захватчиков подлых с дороги сметем! / Мы в битвах решаем судьбу поколений, / Мы к славе Отчизну свою поведем! / (из гимна СССР) 2. Wir haben in Schlachten das Heer uns geschaffen / und schlagen den Feind, der uns frech überrannt. / Entscheiden das Los von Geschlechtern mit Waffen / und führen zum Ruhm unser heimatlich Land / (Hymne der Sowjetunion) Rechte Tafel 1. Славься Отечество наше свободное / Дружбы народов надежный оплот. / Знамя Советское знамя народное / Пусть от победы к победе ведет. / (из гимна СССР) 2. Ruhm sei und Lobgesang dir freies Vaterland! / Freundschaft der Völker hast fest du gefügt. / Fahne der Sowjetmacht, Fahne in Volkes Hand / du sollst uns führen von Siege zu Sieg (Hymne der Sowjetunion) |
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Wer hätte gedacht, dass man im öffentlichen Raum von Wien neben der Stalin-Gedenktafel auch noch Zitate desselben findet? Links und rechts sind dann die Soldatengräber mit diversen Beschriftungen. Die ergreifendsten Gedenkstellen finden sich aber hinter den Ehrenmalen und der Hecke: Sowjetische Kindergräber! Anwesend waren bei der Eröffnung unter anderem:
Wiener Stadtkommandanten
Noch einmal von vorne! Am 30. April 1945 nahm das Burgtheater mit Grillparzers „Sappho“ den Betrieb wieder auf… aber nur für zehn Minuten! Blagodatow, Chef der sowjetischen Truppen, hatte sich verspätet… und so musste man eben zwei Mal eröffnen! Vizekanzler Dr. Schärf "… Die Soldaten der Roten Armee, die hier ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, werden für immer in das Denken der Wiener eingeschlossen sein, wenn sie über Vergangenheit und Zukunft nachsinnen. Diese Bekundung der Trauer und das Gelöbnis der Dankbarkeit soll nicht geschlossen werden, ohne der Hoffnung Ausdruck zu geben, dass alle diese Opfer nicht umsonst sein sollen. Möge am Ende des Zweiten Weltkrieges die Sehnsucht der gefallenen Helden Erfüllung finden, die Sehnsucht nach einem dauernden Frieden, der alle Nationen der Welt vereint…" |
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m Mai 2005 fand auf der Sowjetischen Kriegsgräberanlage die „feierliche Beisetzung der sterblichen Überreste von 18 Angehörigen der ehemaligen Roten Armee“ statt. Die Gedenkrede hielt Stanislaw Wiliorowitsch Osadschij / Станислав Вилиорович Осадчий, der von 2004 bis 2010 Botschafter in Wien war.
Zumindest 2008 gab es noch in Österreich lebende Veteranen der Roten Armee. 2011 erschien folgendes Buch: „Peter Sixl (Hg.) – Sowjetische Tote des Zweiten Weltkrieges in Österreich / Namens- und Grablagenverzeichnis / Ein Gedenkbuch“. |
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Der Obelisk für die verstorbenen Kriegsgefangenen
Im Juni 2017 wurde ein Obelisk aus schwarzem Marmor eingeweiht. Die Russische Föderation ließ ihn in St. Petersburg anfertigen und am 22. Juni durch einen Priester nach orthodoxem Ritus einweihen. Er steht beim Tor 10 und soll der toten sowjetischen Kriegsgefangenen gedenken, die man hier gefunden hat. Man erreicht den Obelisken indem man von Tor 2 in gerader Linie über die Lueger-Gedächtniskirche bis zum anderen Ende des Friedhofes geht. Hier trifft man noch auf das Kriegerdenkmal der Stadt Wien für die Toten des Ersten Weltkrieges - ein Scheintor mit der Statue "Klagende Mutter". Der Obelisk "versteckt" sich dann hinter einer Hecke. Hier ein Teil der Rede von Dmitrij Ljubinskij / Дмитрий Евгеньевич Любинский, seit 2015 russicher Botschafter in Wien, bei der Einweihungszeremonie: „Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundesministerium für Inneres, Exzellenzen, Vertreter des diplomatischen Corps, Hohe Geistlichkeit, meine Damen und Herren, heute haben wir uns zur Einweihung eines Obelisken zum Andenken an die sowjetischen Kriegsgefangenen, die in den Jahren 1941–45 ihr Leben verloren haben, versammelt. Über 80.000 Menschen aus der Sowjetunion haben im Zweiten Weltkrieg ihre letzte Ruhe im österreichischen Boden gefunden. Hier, am Tor 10 des Wiener Zentralfriedhofs, ruhen 200 sowjetische Bürger aus den verschiedenen Republiken der ehemaligen UdSSR. Dank der mühevollen ehrenamtlichen Arbeit von russischen und österreichischen Aktivisten ist es gelungen, 183 davon ihren Namen zurückzugewinnen. Alle diese langen Jahre galten diese Menschen als verschollen. Jetzt werden ihre Verwandten und Nachfahren die Möglichkeit haben, über ihr tragisches Schicksal Gewissheit zu erhalten. Vier Familien wurden bereits gefunden – eine in Russland und drei in Belarus. Eine sehr große Tat wurde hier von allen Beteiligten vollbracht. Das Denkmal, das wir heute einweihen, ist ein weiteres Zeugnis für den großen menschlichen Respekt, den das russische und das österreichische Volk für einander empfinden. Ich möchte diesen Anlass nutzen, um unseren österreichischen Partnern und Freunden aufrichtige Dankesworte für den sorgsamen Umgang und die Pflege der sowjetischen Kriegsgräberstätten auszusprechen. Wir wissen ihre Bemühungen höchst zu schätzen. Für meine Landsleute und mich persönlich bedeutet das sehr viel... (Quelle: Homepage der Russischen Botschaft in Wien) Am Abend fand am Russischen Kulturinstitut dann noch ein Gedenkabend statt, bei dem unter anderem der 44-minütige Dokumentarfilm „Er besiegte den Tod“ aus 2016 gezeigt wurde. Der sowjetische Militärarzt Alexandr Moiseewitsch Iosilevwtsch / Александр Моисеевич Иосилевич - „Doktor Sascha“ – sah von 1941 bis 1945 neun Konzentrationslager, inklusive Mauthausen, von innen und rettete dabei Leben. Er starb um 2000 in Israel. Ein Mitgefangener war Igor Fjodorowitsch Malickij / Игорь Фёдорович Малицкий. Er erzählt im russischsprachigen Film „Blok 20. Hasenjagd“ von seinem Schicksal: YouTube Das KZ Mauthausen und die Mühlviertler Hasenjagd "Das KZ Mauthausen hatte rund 1.100 sowjetische Kriegsgefangene, hauptsächlich von der Luftwaffe. Jeden Tag wurden zehn bis 15 von ihnen erschossen. Essen gab es jeden dritten Tag." (M. Rybcinskij) Am 2. Februar 1945 brachen rund 500 Häftlinge bei Minustemperaturen aus dem Block 20 – ausschließlich sowjetische Offiziere – aus. 449 konnten das Areal verlassen. 300 gelang die vorläufige Flucht. 19 Personen verschwanden dauerhaft. Acht Überlebende sind namentlich bekannt:
PS In der Stalin-UdSSR wurden kriegsgefangene Offiziere als Kriegsverbrecher und Desserteure angesehen. Rund 20 Prozent aller sowjetischen KZ-Überlebenden wanderten so vom KZ direkt in den Gulag. Unter N. Chruschtschow wurden dann speziell die paar Überlebenden der „Hasenjagd“ zu Helden ummodelliert. Sie erhielten als erste Gruppe von ehemaligen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion öffentliche Anerkennung. Buchtipp Matthias Kaltenbrunner: Flucht aus dem Todesblock - Der Massenausbruch sowjetischer Offiziere aus dem Block 20 des KZ Mauthausen und die "Mühlviertler Hasenjagd" - Hintergründe, Folgen, Aufarbeitung. Tierische Friedhofsbewohner Im Winter frequentiert vor allem die russische Saatkrähe den Zentralfriedhof. |
Jeder Krieg ist eine Niederlage. Denn Krieg vernichtet Leben.
(Kurt Tucholsky)